Lange Urlaube gelten als Inbegriff der Erholung. Doch sie halten oft nicht, was sie versprechen. Der Stress kehrt meist schneller zurück als gedacht – mit Folgen für die psychische Gesundheit. Neue Erkenntnisse aus der Psychologie zeigen, dass kompakte Auszeiten langfristig mehr bewirken können.
Im Jahr 2024 betrug die durchschnittliche Urlaubsdauer in Deutschland 13 Tage. Ein ausgedehnter Sommerurlaub, zwei Wochen am Stück in den Bergen oder am Meer, gilt vielerorts als Garant für Entspannung. Tatsächlich aber hält der Erholungseffekt oft nur wenige Tage an. Das beobachtet auch Prof. Dr. Nikolai Egold von der Hochschule Fresenius in Frankfurt. Der Psychologe beschäftigt sich mit dem Urlaubsverhalten der Deutschen – und kommt zu einem klaren Befund: „Zwar lässt es sich im Urlaub gut abschalten, doch danach hadern die Menschen wieder mit dem gleichen Stresspegel wie vorher.“
Post-Holiday-Syndrom: Wenn die Rückkehr schwerfällt
Der abrupte Übergang von der Urlaubsidylle in den gewohnten Arbeitsalltag kann das sogenannte Post-Holiday-Syndrom auslösen. Stimmungstiefs, Antriebslosigkeit, Gereiztheit und sogar Schlafstörungen sind typische Symptome. Hinzu kommt der psychologische Druck durch aufgestaute Aufgaben und volle Terminkalender. Für viele Menschen ist der erste Arbeitstag nach dem Urlaub anstrengender als der letzte davor.
Laut Egold wirkt der starke Kontrast zwischen Ruhe und Routine wie ein Bumerang: Je intensiver die Auszeit, desto größer die Herausforderung bei der Rückkehr. Die vermeintlich wohltuende Pause kann damit ins Gegenteil umschlagen. Aus Sicht der Psychologie stellt sich daher die Frage, ob lange Urlaube überhaupt sinnvoll sind.
Psychologische Erholung durch kurze Pausen
Statt langer Reisen empfiehlt die Wissenschaft eine andere Strategie: mehrere kürzere Urlaube im Jahr. „Zur effektiven Senkung des Stresslevels empfehlen sich mehrere kurze Urlaube pro Jahr“, so Egold. Das Prinzip dahinter ist einfach – aber wirkungsvoll. Entscheidend ist die Antizipation: Wer häufiger verreist, freut sich öfter. Diese Vorfreude wirkt sich bereits vor dem Urlaub positiv auf das Wohlbefinden aus.
Schon die gedankliche Auseinandersetzung mit einer bevorstehenden Reise kann Glücksgefühle auslösen. Das Planen, Packen und Einstimmen auf neue Erlebnisse aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. Kurze Auszeiten haben daher nicht nur einen unmittelbaren Erholungseffekt, sondern verlängern diesen durch die positive Erwartungshaltung und die wiederkehrende Struktur im Jahreslauf.
Auch nach der Rückkehr lässt sich das Urlaubserlebnis gezielt verlängern. Rituale wie das Nachkochen regionaler Spezialitäten oder das Aufstellen von Souvenirs im Alltag aktivieren sogenannte Hinweisreize. Diese Erinnerungsanker rufen positive Emotionen wach und stabilisieren das psychische Gleichgewicht. Selbst ein Urlaubsfoto auf dem Handy kann helfen, den grauen Arbeitsalltag zu durchbrechen.
Die Erkenntnisse stammen aus der Psychologie School der Hochschule Fresenius in Frankfurt am Main. Die traditionsreiche Bildungseinrichtung mit rund 19.000 Studierenden zählt zu den renommiertesten privaten Hochschulen Deutschlands. Mit ihrem Fokus auf die enge Verzahnung von Forschung, Praxis und Lehre entwickelt sie Studienangebote in Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft.