Kreuzfahrt abgesagt: Wenn der Orienttraum platzt

Kreuzfahrten werden von vielen Urlaubern sehr lange im Voraus gebucht. In der Zeit der Vorfreude auf die Reise kann es vorkommen, dass seitens der Reiseveranstalter die gebuchte Kreuzfahrt geändert wird oder es aus verschiedenen Gründen gar zu einer Absage kommt.

Im Som­mer 2025 haben zahl­rei­che Rei­sen­de die Hiobs­bot­schaft von ihren Rei­se­ver­an­stal­tern erhal­ten, dass für den Jah­res­wech­sel und das nächs­te Früh­jahr 2026 geplan­te Kreuz­fahr­ten im Per­si­schen Golf aus­fal­len wer­den. Die Anbie­ter beru­fen sich dabei auf die Sicher­heits­la­ge im Nahen Osten. Das Gesetz ver­schafft dem Urlau­ber beim Plat­zen des Rei­se­traums aber in vie­len Fäl­len ein finan­zi­el­les Trost­pflas­ter. Eine Kreuz­fahrt ist eine Pau­schal­rei­se und für den Urlau­ber besteht der umfang­rei­che Schutz des Rei­se­ver­trags­rechts, gere­gelt in § 651a BGB.

Absage oder erhebliche Änderungen

Das Rei­se­recht sieht ein ein­sei­ti­ges Rück­tritts­recht des Rei­se­ver­an­stal­ters vom Rei­se­ver­trag auf­grund wirt­schaft­li­cher oder orga­ni­sa­to­ri­scher Not­wen­dig­kei­ten nicht vor. Sagt der Rei­se­ver­an­stal­ter eine Kreuz­fahrt unzu­läs­sig ab, kön­nen für den Rei­se­kun­den auf­grund der Ver­ei­te­lung der Rei­se Ent­schä­di­gungs­an­sprü­che ent­ste­hen.
Eben­so ver­hält es sich, wenn der Rei­se­ver­an­stal­ter vor Beginn der Kreuz­fahrt erheb­li­che Ände­run­gen der Kreuz­fahrt mit­teilt, etwa eine umfang­rei­che Rou­ten­än­de­rung, und der Rei­se­kun­de aus die­sem Grund von sei­nem ihm zuste­hen­den Recht Gebrauch macht, kos­ten­frei von der Rei­se zurück­zu­tre­ten.

Rückzahlung des Reisepreises

Bei einer Rei­se­ab­sa­ge durch den Ver­an­stal­ter muss die­ser Kun­den­gel­der unver­züg­lich erstat­ten und darf kei­ne Stor­no­kos­ten oder Bear­bei­tungs­ge­büh­ren berech­nen.
Im Bür­ger­li­chen Gesetz­buch ist eine Rück­zah­lungs­frist von 14 Tagen nach dem erklär­ten Rück­tritt fest­ge­legt.
Bezahlt der Ver­an­stal­ter den Rei­se­preis oder eine geleis­te­te Anzah­lung nicht inner­halb der gesetz­li­chen Frist zurück, ent­steht eine Ver­zugs­la­ge und der Kun­de kann sich auf Kos­ten des Rei­se­ver­an­stal­ters anwalt­li­cher Hil­fe bedie­nen, um sei­ne For­de­rung durch­zu­set­zen.

Schadensersatz

Für den Rei­sen­den ist es mög­lich, vom Rei­se­ver­an­stal­ter Scha­dens­er­satz zu for­dern, wenn sich der Rei­se­ver­an­stal­ter bezüg­lich der Rei­se­ab­sa­ge nicht ent­las­ten kann.
Das Rei­se­ver­trags­recht gibt in § 651n I BGB nur drei Ent­las­tungs­grün­de für das Rei­se­un­ter­neh­men vor. Ent­we­der kann der Rei­se­ver­an­stal­ter vor­tra­gen, der Kun­de hat die Absa­ge der Kreuz­fahrt ver­schul­det, oder die Ver­ei­te­lung der Rei­se wur­de unvor­her­seh­bar oder unver­meid­bar durch einen Drit­ten ver­ur­sacht, der kein Leis­tungs­er­brin­ger des Ver­an­stal­ters ist. Eben­so muss der Rei­se­ver­an­stal­ter kei­nen Scha­dens­er­satz leis­ten, wenn die Absa­ge der Kreuz­fahrt auf unver­meid­ba­re, außer­ge­wöhn­li­che Umstän­de, umgangs­sprach­lich auf höhe­re Gewalt, zurück­zu­füh­ren ist.
Ein sol­cher Grund kann auch eine kon­kre­te oder wahr­schein­li­che Gefah­ren­la­ge auf der Rou­te bzw. dem See­ge­biet einer Kreuz­fahrt sein. Bei den im Som­mer erfolg­ten Absa­gen für das See­ge­biet im Per­si­schen Golf muss für eine Ent­las­tung der Rei­se­ver­an­stal­ter folg­lich fest­ste­hen, dass eine Gefahr besteht, die weder für den Urlau­ber noch für den Rei­se­ver­an­stal­ter zumut­bar ist. Ein Indiz einer sol­chen unzu­mut­ba­ren Gefähr­dungs­la­ge ist auch stets eine Rei­se­war­nung des Aus­wär­ti­gen Amts.

Führt die Kreuz­fahrt nicht durch ein bestehen­des Risi­ko­ge­biet, beruft sich der Rei­se­ver­an­stal­ter jedoch trotz­dem dar­auf, weil das ein­ge­setz­te Schiff vor Beginn der gebuch­ten Rei­se ein sol­ches Gebiet durch­que­ren muss, greift die­ser Ein­wand nicht. Nach einer im Okto­ber 2024 ergan­ge­nen Ent­schei­dung des Land­ge­richts Ros­tock (Az. 1 O 349/24) ist in die­sem Fall kei­ne Haf­tungs­frei­stel­lung mög­lich. Es muss folg­lich stets geprüft wer­den, ob über­haupt eine Gefah­ren­la­ge besteht und inwie­weit die­se Situa­ti­on unmit­tel­bar mit der abge­sag­ten Kreuz­fahrt in Zusam­men­hang steht.

Bei den aktu­ell vor­ge­nom­me­nen Absa­gen sind sich die Rei­se­un­ter­neh­men inso­weit selbst nicht sicher, ob ihre Argu­men­ta­ti­on rechts­si­cher ist, denn es wur­den bereits frei­wil­lig außer­ge­richt­lich Ent­schä­di­gun­gen an betrof­fe­ne Urlau­ber bezahlt.

Entgangene Urlaubsfreude

Bei einer Ver­ei­te­lung einer Rei­se sieht das Pau­schal­rei­se­recht für den Rei­se­kun­den einen soge­nann­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch wegen nutz­los auf­ge­wen­de­ter Urlaubs­zeit vor.
Die Höhe des Scha­dens­er­sat­zes berech­nen die Gerich­te sehr unter­schied­lich. Ent­schei­dend kommt es dar­auf an, in wel­cher Zeit­span­ne vor Rei­se­start die Kreuz­fahrt abge­sagt wird.

So beka­men Urlau­ber, die eine Kreuz­fahrt ab Mal­lor­ca star­ten woll­ten, 50 % des Rei­se­prei­ses als zusätz­li­che Ent­schä­di­gung zuge­spro­chen, da das ein­ge­setz­te Schiff noch nicht rei­se­taug­lich war und die Rei­se einen Tag vor Start abge­sagt wur­de (Land­ge­richt Ros­tock, Az. 1 O 112/20).

Eben­falls 50 % des Rei­se­prei­ses erhiel­ten Urlau­ber, deren Hoch­see­kreuz­fahrt vier Mona­te vor Rei­se­be­ginn vom Ver­an­stal­ter gestri­chen wur­de (Land­ge­richt Mün­chen I, Az. 13 S 372/20). Bei einer Absa­ge sechs Mona­te vor Rei­se­start sah das Amts­ge­richt Wies­ba­den die Ent­täu­schung des Urlau­bers gleich­falls als so schwer an, dass eine Ent­schä­di­gung von 50 % des Rei­se­prei­ses zuge­bil­ligt wur­de (Az. 91 C 295/14–85); eben­so ent­schied das Land­ge­richt Ham­burg bei einer Absa­ge zehn Mona­te vor Rei­se­start (Az. 309 S 57/17).

Das Amts­ge­richt Char­lot­ten­burg muss­te einen Fall ent­schei­den, bei dem der Aus­fall der gebuch­ten Kreuz­fahrt 13 Mona­te vor­her mit­ge­teilt wur­de. Eine Ent­schä­di­gung in Höhe von 25 % des Rei­se­prei­ses hielt das Gericht für ange­mes­sen (Az. 237 C 363/17). Der Scha­dens­er­satz­an­spruch wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de ist auch durch­setz­bar, wenn der Rei­sen­de auf eige­ne Faust eine Ersatz­rei­se bucht.

Vor dem Bun­des­ge­richts­hof lan­de­te ein Fall eines Ehe­paa­res, das drei Tage vor Start einer gebuch­ten Kreuz­fahrt mit­ge­teilt bekam, dass die Kreuz­fahrt für sie nicht statt­fin­den kann. Eini­ge Tage ver­brach­ten die bei­den Rei­se­kun­den noch zu Hau­se, dann ging es alter­na­tiv auf eine Flo­ri­da Rund­rei­se. Zusam­men­ge­rech­net erhiel­ten das Paar rund 73 % des Rei­se­prei­ses der Kreuz­fahrt als Ent­schä­di­gung zuge­spro­chen (Az. X ZR 94/17). Eben­so wird die Ver­ei­te­lung einer Rei­se ent­schä­digt, wenn man in der eigent­lich ein­ge­plan­ten Urlaubs­zeit sei­ne Arbeits­tä­tig­keit wie­der auf­nimmt oder sei­nen Urlaub ver­schiebt.

Schadensersatz wegen vergeblicher Aufwendungen

Hat der Rei­sen­de im Ver­trau­en auf Durch­füh­rung einer Rei­se ander­wei­ti­ge Buchun­gen vor­ge­nom­men, unter ande­rem die Anrei­se zum Schiff per Bahn oder Flug­zeug oder eine Hotel­re­ser­vie­rung im Ein- oder Aus­schif­fungs­ha­fen, und fal­len wegen der unbe­rech­tig­ten Absa­ge Stor­no­kos­ten an, kann der Kun­de die­se Kos­ten gegen­über dem Rei­se­ver­an­stal­ter eben­falls als
Scha­dens­po­si­tio­nen gel­tend machen.

Die­ser Text ist in CRUCERO 03/2025 erschie­nen und wur­de am 06.09.2025 in der Print­aus­ga­be von CRUCERO ver­öf­fent­licht. Recht­li­che Ein­schät­zun­gen und Recht­spre­chung kön­nen sich ver­än­dern.


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