Kreuzfahrt im Rollstuhl? — „Ja, na klar!“

Über die Umsetzung in der Praxis an Bord von AIDA Cruises wollte sich Crucero-Kolumnist Kay Rodegra genauer informieren und bat Joachim Franz, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, und seiner Ehefrau Grit, sie auf einer Kreuzfahrt begleiten zu dürfen.

zur Merkliste
hinzugefügt

Wenn man sich die Fra­ge stellt, ob eine Kreuz­fahrt im Roll­stuhl inklu­si­ve Flug­an­rei­se zum Schiff ohne gro­ße Pro­ble­me und Stress mög­lich ist, kann man sich von Joa­chim Franz, der auf einen Roll­stuhl ange­wie­sen ist, und sei­ner Ehe­frau Grit eine kur­ze Ant­wort geben las­sen: „Ja, na klar!“.

Im letz­ten Juni star­te­ten die drei zu einer ein­wö­chi­gen Mit­tel­meer-Kreuz­fahrt ab Bar­ce­lo­na auf der AIDA­c­os­ma. „Es kommt für eine stress­freie Kreuz­fahrt ent­schei­dend auf eine gute Vor­be­rei­tung und Pla­nung der Rei­se an“, so das Ehe­paar aus der Nähe von Würz­burg.

In der Regel kön­nen roll­stuhl­ge­rech­te Kabi­nen nicht online gebucht wer­den, son­dern es bedarf einer direk­ten Kon­takt­auf­nah­me zum Rei­se­an­bie­ter. Bei AIDA Crui­ses erfolgt die indi­vi­du­el­le Bera­tung und Buchung per Tele­fon oder E‑Mail.

Zah­len­mä­ßig sind roll­stuhl­ge­rech­te Kabi­nen auf den Hoch­see­kreuz­fahrt­schif­fen lei­der noch sehr begrenzt, sodass man früh­zei­tig buchen muss, um eine Chan­ce auf eine „Rol­li-Kabi­ne“ zu haben.

Mitt­ler­wei­le hat die Kreuz­fahrt­bran­che erkannt, dass bei über 7,5 Mil­lio­nen Men­schen mit Behin­de­rung in Deutsch­land, das Ange­bot an behin­der­ten­ge­rech­ten Kabi­nen zu gering ist, sodass man bei Schiffs­neu­bau­ten eine grö­ße­re Anzahl von ent­spre­chen­den Kabi­nen ein­plant und anbie­tet. Auf der AIDA­c­os­ma sind von den 2.732 Kabi­nen an Bord 27 behin­der­ten­freund­lich aus­ge­stat­tet.

Der direk­te Dia­log mit
der Ree­de­rei ist sinn­voll. Bereits vor der Buchung kann man auf beson­de­re Bedürf­nis­se hin­wei­sen, um so die „per­fek­te“ Kabi­ne fin­den zu kön­nen.

Wich­tig zu wis­sen: Man hat als Rei­se­kun­de mit Behin­de­rung nicht auto­ma­tisch Anspruch auf eine bar­rie­re­freie Kabi­ne, son­dern die­se muss kon­kret gebucht und ver­trag­lich ver­ein­bart wer­den. Dar­um ist es wich­tig, bei der Rei­se­an­mel­dung eine sol­che Kabi­ne expli­ziert anzu­fra­gen und sich die Reser­vie­rung schrift­lich bestä­ti­gen zu las­sen.

Nach Buchung der Mit­tel­meer-Kreuz­fahrt wur­de das Ehe­paar Franz nicht nur gebe­ten, wie üblich, ein Schiffs­ma­ni­fest, son­dern auch einen umfang­rei­chen Fra­ge­bo­gen zu den kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen und der Hilfs­be­dürf­tig­keit von Herrn Franz aus­zu­fül­len. Die Infor­ma­tio­nen sind für das Rei­se­un­ter­neh­men wich­tig, um bei­spiels­wei­se Trans­fers orga­ni­sie­ren zu kön­nen oder auch die Flug­ab­wick­lung zu pla­nen, soweit die An- und Abrei­se per Flug mit zum Rei­se­ver­trag gehört.

Von Würz­burg aus ging es mit der Bahn zum Frank­fur­ter Flug­ha­fen. Die Fahrt in einem Roll­stuhl ist im Fern­ver­kehr der Deut­schen Bahn pro­blem­los mög­lich, es gibt in den Zügen hier­für extra Berei­che. Bahn­un­ter­neh­men sind gesetz­lich dazu ver­pflich­tet, auf Bahn­hö­fen mit Per­so­nal mobi­li­täts­ein­ge­schränk­ten Fahr­gäs­ten beim Ein- und Aus­stei­gen kos­ten­freie Hil­fe zu geben.

Joa­chim Franz hat 2 Tage vor der Abfahrt des Zuges bei der Mobi­li­täts­zen­tra­le der Bahn dar­um gebe­ten, dass ihm jemand beim Ein­stei­gen in den Zug in Würz­burg hilft, eben­so natür­lich beim Aus­stieg in Frank­furt. Die unbe­dingt not­wen­di­ge Vor­anmel­dung kann tele­fo­nisch oder online vor­ge­nom­men wer­den.

Nach der Lan­dung in Bar­ce­lo­na ging es mit einem von AIDA Crui­ses orga­ni­sier­ten roll­stuhl­ge­rech­ten Trans­fer direkt zum Schiff.

Am Flug­ha­fen Frank­furt ange­kom­men, war Ent­span­nung im Flug­ha­fen­ho­tel ange­sagt, da auf­grund des frü­hen Flu­ges am nächs­ten Tag eine Über­nach­tung ein­ge­plant wur­de.
Im Som­mer herrsch­te an den Flug­hä­fen Cha­os und so woll­te das rei­se­er­fah­re­ne Paar mor­gens viel Zeit ein­pla­nen, um ein­zu­che­cken. Grund­sätz­lich ist das eine gute Idee und oft­mals auch not­wen­dig, doch für den Flug mit der Luft­han­sa nach Bar­ce­lo­na ging alles ganz unkom­pli­ziert.

Die Flug­an­rei­se gehör­te mit zum gebuch­ten Rei­se­pa­ket, daher hat der Rei­se­ver­an­stal­ter die Not­wen­dig­keit von Hil­fe für Herrn Franz bei der Air­line ange­mel­det und es ging an war­ten­den Pas­sa­gier­schlan­gen vor­bei direkt zu einem Abfer­ti­gungs­schal­ter für gehan­di­cap­te Pas­sa­gie­re.

Wer indi­vi­du­ell einen Flug bucht, muss sich um die Hilfs­maß­nah­men am Flug­ha­fen und von der Flug­ge­sell­schaft selbst bemü­hen und bereits eini­ge Tage vor­her den Kon­takt zur Air­line suchen und sei­ne Hilfs­be­dürf­tig­keit anmel­den.

Auf eine so schnel­le Abwick­lung wie auf dem Flug nach Spa­ni­en kann man jedoch nicht bei jedem Flug ver­trau­en, da nicht alle Flug­ge­sell­schaf­ten über einen sepa­ra­ten Abfer­ti­gungs­schal­ter für gehan­di­cap­te Pas­sa­gie­re ver­fü­gen.

Die Sicher­heits­kon­trol­le wur­de schnell und eben­falls bevor­zugt durch­lau­fen und mit
einem Son­der­trans­fer zum Flug­zeug, das in einer Außen­po­si­ti­on park­te, war das Boar­ding zügig voll­zo­gen und nicht beson­ders stra­pa­zi­ös.

Als Roll­stuhl­fah­rer muss man aber wis­sen, dass man sei­nen Rol­li mit einem am Flug­ha­fen bereit­ge­stell­ten beson­de­ren Trans­port­stuhl tau­schen muss, um im Flug­zeug zu sei­nem Sitz zu gelan­gen. Kay Rode­gra beob­ach­te­te mit Stau­nen, wie Flug­ha­fen­mit­ar­bei­ter mit geschul­ten Hand­grif­fen Joa­chim Franz von einem Stuhl in den ande­ren geho­ben haben und war amü­siert über die Reak­ti­on von Herrn Franz, der mit einem Lächeln und Augen­zwin­kern äußer­te: „Man muss schon kräf­tig zupa­cken, um mich von einem Sitz zum ande­ren zu bekom­men. Mit Samt­hand­schu­hen kann man da nicht ange­fasst wer­den“.

Beim Anschnal­len resü­mier­te sei­ne Frau Grit: “Trotz ange­spann­ter Lage am Flug­ha­fen, vom Check-In bis zum Gate 15 Minu­ten, nicht schlecht, und die Ver­la­dung war auch top“.

Zu bekla­gen gibt es nur einen Punkt: Es gibt zuwe­nig Zeit, um die AIDA­c­os­ma mit allem Drum und Dran inner­halb von einer Woche voll­stän­dig ent­de­cken und genie­ßen zu kön­nen.

Das Ehe­paar Franz fand auf Deck 12 der AIDA­c­os­ma eine moder­ne bar­rie­re­freie Kabi­ne vor, von der sie begeis­tert waren. Die Kabi­ne war ein­schließ­lich des Bade­zim­mers gut mit dem Rol­li zu befah­ren, Schal­ter und Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de waren für Herrn Franz leicht zu errei­chen, auto­ma­ti­sche Kabi­nen- und Bal­kon­tü­ren run­de­ten die Bequem­lich­keit ab.

An Bord waren alle öffent­li­chen Berei­che mit dem Roll­stuhl sehr gut und ohne frem­de Hil­fe erreich­bar und dank zahl­rei­cher Fahr­stüh­le war man schnell von einem Deck auf dem ande­ren.

Mobi­li­täts­ein­ge­schränk­te Urlau­ber müs­sen aller­dings Land­aus­flü­ge ent­lang der Rei­se­rou­te sorg­fäl­tig pla­nen. Zu Beginn der Kreuz­fahrt gab es an Bord eine Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung spe­zi­ell für Pas­sa­gie­re mit einem Han­di­cap, trotz­dem ist es sinn­voll, sich bereits vor der Rei­se über die Mög­lich­keit von Land­gän­gen ent­lang der Kreuz­fahrt­rou­te und über bar­rie­re­freie Aus­flü­ge zu infor­mie­ren. Wich­tig für die Rei­se­kas­se: Bei Aus­flü­gen mit einem Son­der­trans­port für Roll­stuhl­fah­rer fal­len durch­aus höhe­re Zusatz­kos­ten für den Rei­sen­den an, wenn es kei­ne behin­der­ten­ge­rech­ten Bus­se vor Ort gibt.

Die bei­den baye­ri­schen Urlau­ber haben unter ande­rem inter­es­san­te Aus­flü­ge nach Pisa und Ostia unter­nom­men, muss­ten dabei aber jeweils ein extra gebuch­tes Taxi bean­spru­chen.

Das Fazit der Ehe­leu­te Franz, die die nächs­ten Kreuz­fahr­ten bereits gebucht haben: „So macht Rei­sen Spaß. Alles bes­tens orga­ni­siert. Zu bekla­gen gibt es nur einen Punkt: Zu wenig Zeit, um die AIDA­c­os­ma mit allem Drum und Dran inner­halb von einer Woche voll­stän­dig ent­de­cken und genie­ßen zu kön­nen“.

Fehler gefunden? Schreiben Sie eine Mail an: redaktion@crucero-magazin.de

DISKUSSION

You cannot copy content of this page