Urteile zu Kreuzfahrten: Umroutung kann Reisemangel sein

Die aktuelle Lage in Israel führt bei vielen Schiffsreisen im östlichen Mittelmeer zu Änderungen der im Reisevertrag vereinbarten Reiseroute. Aber auch stürmisches Wetter oder andere Naturkatastrophen bieten immer wieder Anlass zu Routenänderungen.

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Die Rou­ten­pla­nung ist neben der Wahl des Kreuz­fahrt­schif­fes das wich­tigs­te Ent­schei­dungs­kri­te­ri­um bei der Buchung einer Kreuz­fahrt. Kommt es dann vor oder wäh­rend der Rei­se zu einer Rou­ten­än­de­rung, ist die Ent­täu­schung beim Pas­sa­gier groß und führt in vie­len Fäl­len zur Gel­tend­ma­chung rei­se­ver­trag­li­cher Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che gegen den Rei­se­ver­an­stal­ter. Da es sich bei einer Kreuz­fahrt um eine Pau­schal­rei­se han­delt, fin­det das Rei­se­ver­trags­recht Anwen­dung.

Reisemangel

Wird von der ver­ein­bar­ten Rou­te einer Kreuz­fahrt abge­wi­chen und zuge­sag­te Anlan­dun­gen bzw. Häfen fal­len aus, liegt nach Urtei­len diver­ser Gerich­te in der Regel ein Rei­se­man­gel vor, der zu einer Preis­min­de­rung berech­tigt. Ein Anspruch auf Min­de­rung des Rei­se­prei­ses ist ver­schul­dens­un­ab­hän­gig, d.h. auf den Grund der Ände­rung kommt es nicht an.

Rücktritt von der Reise

Teilt der Rei­se­ver­an­stal­ter bereits vor Start der Kreuz­fahrt mit, dass zuge­sag­te Zie­le auf der Rei­se nicht mehr ange­lau­fen wer­den, soll­te der Urlau­ber umge­hend sei­nen Unmut zum Aus­druck brin­gen, wenn er nicht ein­ver­stan­den ist. Schweigt der Rei­sen­de auf die Mit­tei­lung des Rei­se­ver­an­stal­ters und tritt die Rei­se an, kann ansons­ten gege­be­nen­falls von einem Ein­ver­ständ­nis aus­ge­gan­gen wer­den. Bei erheb­li­chen Ände­run­gen des geplan­ten Rei­se­ver­laufs kann der Urlau­ber kos­ten­frei vom Rei­se­ver­trag zurück­tre­ten. Ob die Schwel­le zur Erheb­lich­keit über­schrit­ten wird, muss aber in jedem Ein­zel­fall über­prüft wer­den. Fällt nur ein Hafen von 10 zuge­sag­ten Desti­na­tio­nen aus, liegt eher kei­ne Erheb­lich­keit vor. Fal­len jedoch 5 von 10 aus, kann man von einer unzu­mut­ba­ren Ände­rung aus­ge­hen.
Kann sich der Rei­se­ver­an­stal­ter nicht ent­las­ten, also nicht vor­tra­gen, dass er für die Ände­run­gen nichts kann, also zum Bei­spiel auf­grund unver­meid­ba­rer, außer­ge­wöhn­li­cher Umstän­de, ergibt sich für den Rei­sen­den zusätz­lich ein Anspruch auf Scha­dens­er­satz wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de. In der Würz­bur­ger Tabel­le zum Rei­se­recht bei Kreuz­fahr­ten fin­den sich zahl­rei­che Urtei­le zum Pro­blem von Stre­cken­än­de­run­gen. Gerich­te bewer­ten Umrou­tun­gen unter­schied­lich.

Ände­rungs­vor­be­halt
Das Klein­ge­druck­te im Rei­se­ver­trag ist wich­tig. Doch die Klau­seln dür­fen den Ver­brau­cher nicht zu sehr benach­tei­li­gen. Auch wenn ein Ände­rungs­vor­be­halt bezüg­lich der ver­ein­bar­ten Stre­cke in den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen steht, liegt bei einer Rou­ten­än­de­rung ein Rei­se­man­gel vor (Amts­ge­richt Ros­tock, Az. 47 C 319/16).

Ände­rung der Rich­tung
Eine Nil­kreuz­fahrt wird statt fluss­auf­wärts, fluss­ab­wärts durch­ge­führt, ohne dass ein ver­spro­che­nes Ziel aus­fällt. Es liegt kein Rei­se­man­gel vor (Land­ge­richt Bonn, Az. 5 S 229/93).

See­tag fällt aus
Ein zuge­sag­ter See­tag wird gestri­chen. Es ist eine Min­de­rung von 50 % des antei­li­gen Tages­rei­se­prei­ses gerecht­fer­tigt (Land­ge­richt Frankfurt/M., Az. 2/24 S 95/16).

Ter­ror­ge­fahr
Wegen einer aku­ten Ter­ror­ge­fahr fal­len Häfen in Ägyp­ten und Oman aus. Kei­ne Preis­min­de­rung mög­lich, wenn sich der Rei­se­ver­an­stal­ter eine Ände­rung vor­be­hält und es sich nicht um eine will­kür­li­che Ände­rung han­delt (Land­ge­richt Han­no­ver, Az. 12 S 65/02).

Nied­rig­was­ser
Auf einer 7‑tägigen Fluss­kreuz­fahrt fal­len 3 Häfen wegen zu gerin­gem Was­ser­stand aus. 40 % Preis­min­de­rung ist gerecht­fer­tigt (Amts­ge­richt Ros­tock, Az. 47 C 319/16).

Anlan­dun­gen fal­len aus
An einem Rei­se­tag fal­len 2 Anlan­dun­gen aus, die beson­ders bewor­ben wur­den. 60 % Min­de­rung des antei­li­gen Rei­se­prei­ses für einen Tag. Zusätz­lich besteht ein Scha­dens­er­satz­an­spruch wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de, wenn ein Ver­schul­den des Rei­se­ver­an­stal­ters gege­ben ist (Land­ge­richt Frankfurt/M., Az. 2/24 O 298/15).

Trans­fer zum Ziel
Der ver­trag­lich ver­ein­bar­te Hafen von Stock­holm wird nicht ange­lau­fen, son­dern es erfolgt eine Anlan­dung 60 Kilo­me­ter davor. Stock­holm wird per Bus besucht. Es ist ein Rei­se­man­gel gege­ben (Amts­ge­richt Mün­chen, Az. 262 C 1373/09).

Ersatz­ha­fen
Ein zuge­sag­ter Hafen in der Kari­bik fällt aus, ein Ersatz­ha­fen wird ange­bo­ten. Es ist eine Preis­min­de­rung von 50 % des Tages­rei­se­prei­ses gerecht­fer­tigt (Amts­ge­richt Mün­chen, Az. 262 C 7068/18).

Kein Ersatz­ha­fen
Ein ver­spro­che­ner Hafen im Mit­tel­meer fällt aus, ein Ersatz­ha­fen wird nicht ange­lau­fen. 70 % des Tages­rei­se­prei­ses kann als Min­de­rungs­hö­he ange­setzt wer­den (Amts­ge­richt Ham­burg, Az. 17a C 343/16).

Zwei Häfen fal­len aus
Auf einer 14-tägi­gen Kreuz­fahrt wer­den 2 Häfen in Isra­el gestri­chen, für die 3 Tage ein­ge­plant waren. 70 % Min­de­rung des Rei­se­prei­ses für 3 Tage und zusätz­lich Scha­dens­er­satz wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de, wenn ein Ver­schul­den des Rei­se­ver­an­stal­ters vor­liegt (Land­ge­richt Frankfurt/M., Az. 2/24 S 95/16).

Aus­fall von drei Häfen
Bei einer 11-tägi­gen Kreuz­fahrt fal­len an 3 Tagen zuge­sag­te Häfen aus. Ein Ersatz­pro­gramm wird ange­bo­ten. 50 % Min­de­rung des Rei­se­prei­ses für 3 Tage mög­lich (Amts­ge­richt Ham­burg, Az. 17a C 343/16).

Vier Häfen feh­len
Auf einer 19-tägi­gen Schiffs­rei­se wer­den 4 geplan­te Häfen nicht ange­lau­fen. 10 % Min­de­rung des Gesamt­rei­se­prei­ses gerecht­fer­tigt (Amts­ge­richt Bre­men, Az. 5 C 188/16). Auf einer 14-tägi­gen ark­ti­schen Kreuz­fahrt fal­len 4 Häfen aus. Preis­min­de­rung in Höhe von 1/3 des antei­li­gen Tages­rei­se­prei­ses der betrof­fe­nen Tage (Land­ge­richt Frankfurt/M. 2/24 0 30/15)

High­light fällt weg
Wegen Feh­len eines Eis­bre­chers kann das Kreuz­fahrt­schiff Grön­land nicht umrun­den. Der Preis der Rei­se kann um 30 % gemin­dert wer­den (Land­ge­richt Frankfurt/M., Az. 2/14 O 414/94). Die ver­trag­lich ver­spro­che­ne Durch­fahrt der Nord­west-Pas­sa­ge wird wegen Pack­eis gestri­chen. 30 % Preis­min­de­rung mög­lich (Land­ge­richt Ham­burg, Az. 310 O 26/07). Die zuge­sag­te „Umrun­dung von Kap Horn“ fällt aus. 60 % Min­de­rung des Tages­rei­se­prei­ses und zusätz­lich Scha­dens­er­satz wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de, wenn sich der Rei­se­ver­an­stal­ter nicht ent­las­ten kann (Amts­ge­richt Wies­ba­den, Az. 93 C 1098/20).

Ande­res See­ge­biet
Statt im Schwar­zen Meer zu kreu­zen, wird das öst­li­che Mit­tel­meer befah­ren. Der Urlau­ber bekommt 30 % des Rei­se­prei­ses zurück (Amts­ge­richt Mün­chen, Az. 275 C 27977/14).

Kün­di­gung des Ver­tra­ges
10 Mona­te vor Rei­se­be­ginn teilt der Rei­se­ver­an­stal­ter mit, dass sich die Kreuz­fahrt von 21 Tagen auf 14 Tage ver­kürzt und der Start der Rei­se nicht in Dubai, son­dern Mum­bai erfolgt und diver­se Häfen aus­fal­len. Der Kun­de kann den Rei­se­ver­trag kün­di­gen. Er bekommt den Rei­se­preis wie­der und hat zusätz­lich einen Anspruch auf Scha­dens­er­satz wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de in Höhe von 50 % des Rei­se­prei­ses, wenn sich der Rei­se­ver­an­stal­ter nicht ent­las­ten kann (Land­ge­richt Ham­burg, Az. 309 S 57/17).

Dieser Text ist in CRUCERO 04/2023 erschienen und wurde am 06.12.2023 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.

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