Das ist nicht ernst gemeint, oder?

Es gibt Menschen, die eine Urlaubsreise nicht genießen, sondern von Anfang an nach Mängeln suchen, um nach der Reise reklamieren zu können – manche Klagen von Reisenden lassen diesen Eindruck leider entstehen. So abwegig eine Reklamation aber auch ist, ein Gericht muss sich sachlich mit dem Klagevortrag eines Urlaubers auseinandersetzen, um zu einem Urteil kommen zu können.

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Bei eini­gen frag­wür­di­gen Kla­gen von Pau­schal­tou­ris­ten kann es durch­aus
amü­sant zuge­hen. So ent­lockt eine Urteils­be­grün­dung des Amts­ge­richts Mön­chen­glad­bach (Az. 5a C 106/91) dem Leser in der Regel ein Lächeln, wenn man liest, dass ein Urlau­ber­paar geklagt hat, weil die bei­den in ihrem gebuch­ten Dop­pel­zim­mer ledig­lich zwei neben­ein­an­der­ste­hen­de Ein­zel­bet­ten vor­fan­den und sich dabei in ihren Bei­schlaf­ge­wohn­hei­ten gestört fühl­ten, da die Bet­ten in bestimm­ten Situa­ti­on mit­tig aus­ein­an­der glit­ten.

Die Kla­ge wur­de abge­wie­sen, da nach Mei­nung und Kennt­nis des Gerichts auch in einem Ein­zel­bett meh­re­re all­ge­mein bekann­te und übli­che Bei­schlaf­prak­ti­ken mög­lich sind, und zwar durch­aus zur Zufrie­den­heit aller Betei­lig­ten.

Anreise

Einem Tür­kei­ur­lau­ber war eine Flug­ver­spä­tung von 1 Stun­de und 5 Minu­ten zu viel. Sei­ne Kla­ge hat­te vor dem Amts­ge­richt Düs­sel­dorf (Az. 44 C 423/15) jedoch kei­nen Erfolg, da man ein wenig Geduld mit in die Feri­en neh­men soll­te.

Es ist all­ge­mein üblich, dass Hotel­zim­mer erst am frü­hen Nach­mit­tag bezo­gen wer­den kön­nen. Das sah eine Urlau­be­rin vor dem Land­ge­richt Köln (Az. 32 O 334/20) aller­dings anders und woll­te Geld zurück, da sie mor­gens zum Hotel anreis­te und erst nach­mit­tags ihr Zim­mer bekam.

Der Vor­trag führ­te nicht zum Erfolg, eben­so wenig wie ein Ent­schä­di­gungs­ver­lan­gen eines Urlau­bers vor dem Land­ge­richt Düs­sel­dorf (Az. 22 S 631/00), der einen Rei­se­man­gel dar­in sah, dass er in sei­nem Hotel zunächst ein fal­sches Zim­mer erhielt und auf sei­ne Beschwer­de hin sofort ein ande­res Zim­mer bezie­hen konn­te. Allein der Umstand, dass er sich beschwe­ren muss­te, war ihm aber zu viel und erweck­te das Ver­lan­gen nach einer Preis­er­mä­ßi­gung.



Zu verdreckt?

So man­cher Urlau­ber erwar­tet in sei­ner Unter­kunft deut­lich mehr Sau­ber­keit, als er es von zu Hau­se gewohnt ist. In einem kari­bi­schen 3‑S­ter­ne-Hotel war der Was­ser­kas­ten der Toi­let­te innen (!) ver­dreckt. Nicht aus­zu­hal­ten für eine Urlau­be­rin, deren Kla­ge­vor­trag vor dem Amts­ge­richt Mün­chen (172 C 15107/17) aber kei­ne Preis­re­du­zie­rung her­bei­führ­te.

Genau­so sind eini­ge Fus­sel­knäu­le unter einem Bett in einer Schiffs­ka­bi­ne kein min­de­rungs­fä­hi­ger Rei­se­man­gel (Amts­ge­richt Mün­chen, Az. 274 C 23427/00).

Schmeckt’s?

Einem Tür­kei­rei­sen­den fehl­te bei der Beschrei­bung eines „lan­des­ty­pi­schen Früh­stück“ sein gelieb­tes Rühr­ei. Das Land­ge­richt Düs­sel­dorf war ande­rer Mei­nung und sah die gewünsch­te Eier­spei­se in der Tür­kei nicht als üblich an (Az. 22 S 54/00) und gewähr­te kei­ne Preis­min­de­rung.

Gewis­se War­te­zei­ten beim Buf­fet füh­ren auch gele­gent­lich zu Rechts­strei­tig­kei­ten zwi­schen Rei­se­kun­den und Ver­an­stal­ter. 15 Minu­ten muss man in einem grö­ße­ren Hotel aber tole­rie­ren (Land­ge­richt Düs­sel­dorf, Az. 22 S 380/05).

Zu laut?

Lärm im Urlaub, das geht eigent­lich gar nicht – manch­mal aber schon: Ein Pau­schal­tou­rist buch­te auf Gran Cana­ria nach den Kata­log­an­ga­ben ein Hotel „inmit­ten des Nacht­le­bens“, gleich­wohl stör­te ihn die nächt­li­che Musik­be­schal­lung. Vor dem Amts­ge­richt Kle­ve (Az. 3 C 197/98) hat­te er aber kei­nen Erfolg. Erstaun­lich ist auch, dass man sich an Muez­zin-Rufen bei einem Tür­kei­ur­laub stö­ren kann. Mit so wenig Tole­ranz im Gepäck, soll­te man nicht in ein mus­li­mi­sches Land rei­sen, so das Amts­ge­richt Han­no­ver (Az. 559 C 44/14).

Keine Manieren

Feh­len­des Beneh­men ande­rer Rei­sen­der kann zumeist nicht zu Las­ten des Rei­se­ver­an­stal­ters gehen. So wur­de erfolg­los vor dem Amts­ge­richt Frank­furt geklagt (Az. 32 C 1579/95), weil sich auf einem Pas­sa­gier­schiff eini­ge Gäs­te nicht an den übli­chen Klei­der­stil gehal­ten haben. Gleich­falls kei­ne Zustim­mung bekam ein Klä­ger, der vor das Land­ge­richt Kle­ve zog, weil es Kin­der im Hotel wag­ten, im Restau­rant her­um­zu­schrei­en und zudem kei­ne Tisch­sit­ten hat­ten (Az. 6 S 34/96).

Kei­nen gericht­li­chen Erfolg hat­te auch ein eigen­tüm­li­cher Sach­vor­trag, bei dem dar­ge­legt wur­de, dass ein Rei­se­gast es als stö­rend emp­fun­den habe, den Strand mit Ein­hei­mi­schen tei­len zu müs­sen, die dort beim Fei­ern auch noch Lärm ver­ur­sach­ten
(Amts­ge­richt Aschaf­fen­burg, Az. 13 C 3517/95).

Schier fas­sungs­los wird man bei Ent­schä­di­gungs­an­sprü­chen, die gefor­dert wer­den, weil auch behin­der­te Men­schen im Hotel waren und der Anblick stör­te. Ent­spre­chen­de Kla­gen wer­den zu Recht abge­wie­sen und das Amts­ge­richt Bad Hom­burg ließ es sich nicht neh­men, einen Sei­ten­hieb auf die Anwalt­schaft zu rich­ten, indem es in der Urteils­be­grün­dung als bedau­er­lich her­aus­ge­stellt wur­de, dass ein der­ar­ti­ger Vor­trag zum Inhalt eines Kla­ge­vor­tra­ges gemacht wird (Az. 2 C 2096/99–15).

Schiffstypisch

Auf Kreuz­fahr­ten fah­ren nach Mei­nung eini­ger Rei­sen­der Rei­se­män­gel mit, die vor Gericht aller­dings für ein kopf­schüt­teln­des Erstau­nen sor­gen.
Beim nächt­li­chen An- und Able­gen war einem Pas­sa­gier das Bug­strahl­ru­der zu laut und führ­te zu einer Kla­ge vor dem Amts­ge­richt Ros­tock. Ergeb­nis: Kla­ge­vor­trag erfolg­los (Az. 47 C 76/15).

Ein ande­rer Rei­sen­der monier­te, dass es außen am Kreuz­fahrt­schiff Rost­stel­len und an der Reling Salz­an­haf­tun­gen gab. Die Kla­ge vor dem Amts­ge­richt Mün­chen wur­de abge­wie­sen (Az. 274 C 23427/00).

Dass in einem Kreuz­fahrt-Hafen orts­üb­li­che Hafen­ge­räu­sche auf­tre­ten, die man auch in der Kabi­ne hört, ist nicht unge­wöhn­lich. Ein Pas­sa­gier, der die Lärm­be­ein­träch­ti­gung auf sei­ner Kreuz­fahrt vor dem Amts­ge­richt Ros­tock (Az. 47 C 270/11) monier­te, sah das anders. Für ihn gab es aber kein Geld zurück.

Gute Reise!

Im Zeit­al­ter des Mas­sen­tou­ris­mus bleibt es natür­lich nicht aus, dass auf so man­cher Rei­se mal etwas nicht so läuft wie zwi­schen Rei­se­ver­an­stal­ter und Urlau­ber ver­trag­lich ver­ein­bart wur­de. Für die­se Fäl­le bie­tet das Rei­se­ver­trags­recht umfang­rei­chen Schutz für den Ver­brau­cher.

Auf der ande­ren Sei­te müs­sen jedoch klei­ne­re Unan­nehm­lich­kei­ten ent­schä­di­gungs­los hin­ge­nom­men wer­den und der Urlau­ber kann nicht immer erwar­ten oder gar vor­aus­set­zen, dass sich alles so gestal­tet, wie er es von zu Hau­se gewohnt ist oder sich in sei­nen Urlaubs­träu­men vor­stellt.

Dieser Text ist in CRUCERO 02/2022 erschienen und wurde am 08.06.2022 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.

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