Kreuzfahrt im Rollstuhl — Ihre Rechte

In Deutschland leben über 7,5 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Hinzu kommt eine große Anzahl von Menschen, die aufgrund ihres Alters oder aufgrund einer vorübergehenden Verletzung oder Erkrankung mobilitätseingeschränkt sind.

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Vie­le Men­schen mit kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen sind rei­se­freu­dig, scheu­en aber wegen befürch­te­ter Stra­pa­zen und Hin­der­nis­sen eine Kreuz­fahrt. Die Sor­ge ist jedoch in vie­len Fäl­len unbe­grün­det und eine Kreuz­fahrt bie­tet sich eigent­lich gera­de­zu an, wenn man trotz Han­di­caps oder Roll­stuhl nach einer unbe­schwer­ten Rei­se­art sucht.

Der Gesetz­ge­ber hat den Tou­ris­tik­un­ter­neh­men zudem vie­le Pflich­ten auf­er­legt, damit mobi­li­täts­ein­ge­schränk­te Urlau­ber auf Rei­sen gehen kön­nen.

Pauschalreise

Wer eine Kreuz­fahrt unter­nimmt, bucht eine Pau­schal­rei­se und das ver­brau­cher­freund­li­che Rei­se­ver­trags­recht nach § 651a ff. BGB fin­det Anwen­dung.

Mit Ein­füh­rung des neu­en Rei­se­ver­trags­rechts im Jahr 2018 wur­den Rei­se­ver­an­stal­ter stär­ker dahin gehend in die Pflicht genom­men, Kun­den mit einer Behin­de­rung umfang­reich über ange­bo­te­ne Rei­sen zu infor­mie­ren und auch wäh­rend der Rei­se Hil­fe anzu­bie­ten. Bereits vor der Buchung muss der Rei­se­ver­an­stal­ter Anga­ben dar­über machen, ob die Kreuz­fahrt und auch ange­bo­te­ne Aus­flü­ge für Per­so­nen mit ein­ge­schränk­ter Mobi­li­tät geeig­net sind.

Ent­hal­ten die vor­ver­trag­li­chen Infor­ma­tio­nen des Rei­se­ver­an­stal­ters hier­über kei­ner­lei Aus­sa­ge, kann der Rei­sen­de im Umkehr­schluss davon aus­ge­hen, dass die Durch­füh­rung der Rei­se mög­lich ist.

Wer aber eine bar­rie­re­freie Kabi­ne auf einem Schiff benö­tigt, muss die­se kon­kret anfra­gen und sich ver­trag­lich bestä­ti­gen las­sen, die Anga­be eines Kun­den­wun­sches im Rah­men der Buchung genügt nicht.

Kommt der Urlau­ber wäh­rend der Rei­se in Schwie­rig­kei­ten, muss der Rei­se­ver­an­stal­ter Bei­stand leis­ten. Ist etwa aus gesund­heit­li­chen Grün­den ein Abbruch der Kreuz­fahrt not­wen­dig, muss der Rei­se­ver­an­stal­ter wei­ter­hin als Ansprech­part­ner für den Rei­se­kun­den da sein und ihn bei­spiels­wei­se über Gesund­heits­diens­te vor Ort, Behör­den oder kon­su­la­ri­sche Unter­stüt­zung, aber auch bezüg­lich ande­rer Rei­se­mög­lich­kei­ten infor­mie­ren.

Eben­so erhält der mobi­li­täts­ein­ge­schränk­te Rei­sen­de und des­sen Begleit­per­son mehr Schutz als ande­re Urlau­ber, soll­te es im Rah­men der Kreuz­fahrt zu unvor­her­seh­ba­ren, außer­ge­wöhn­li­chen Umstän­den kom­men. Gehört zum Bei­spiel der Rück­flug von einer Kreuz­fahrt mit zum Rei­se­ver­trag und wird die­ser sturm­be­dingt annul­liert, muss der Rei­se­ver­an­stal­ter wäh­rend der gesam­ten War­te­zeit auf einen Ersatz­flug wei­ter­hin eine Über­nach­tung zur Ver­fü­gung stel­len. Ande­re Urlau­ber erhal­ten die­se Hil­fe nur für höchs­tens 3 Tage. Wich­tig zu wis­sen: Der Rei­se­ver­an­stal­ter muss die­se zusätz­li­che Unter­stüt­zung in einem sol­chen Fall nur erbrin­gen, wenn er vor Antritt der Rei­se, über die Mobi­li­täts­ein­schrän­kung infor­miert wur­de.

Ins­ge­samt ist es für alle Urlau­ber rat­sam, sämt­li­che Rei­se­leis­tun­gen bei einer Kreuz­fahrt, also auch die An- und Abrei­se zum Hafen, mit im Paket beim Rei­se­ver­an­stal­ter zu buchen, denn nur dann wer­den alle Rei­se­leis­tun­gen vom umfang­rei­chen Schutz des Rei­se­ver­trags­rechts umfasst.

Schutz durch EU-Regeln

Es gibt auch europarechtliche Verordnungen, die Touristikunternehmen dazu verpflichten, gehandicapten Urlaubern kostenfreie Hilfe zu geben, um eine Kreuzfahrt durchführen zu können.

Hilfeleistungen

Gegen­über dem Hafen- und Schiffs­be­trei­ber hat der betrof­fe­ne Pas­sa­gier auf­grund der EU-Ver­ord­nung Nr. 1177/2010 Anspruch dar­auf, kos­ten­freie Unter­stüt­zung bei der Ein- und Aus­schif­fung zu erhal­ten. Die Ver­ord­nung gilt für alle Kreuz­fahr­ten, bei der die Ein­schif­fung im Hoheits­ge­biet eines EU-Mit­glieds­staa­tes liegt.

Bei­spie­le für Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen sind die Hil­fe vom Ein­gang des Hafen­ter­mi­nals zum Check-in und von dort zum Schiff zu gelan­gen, die Abfer­ti­gung aller not­wen­di­gen Mobi­li­täts­hil­fen (auch elek­tri­sche Roll­stüh­le) und Hil­fe bei der Aus­schif­fung und beim Pas­sie­ren der Ein­rei­se- und Zoll­kon­troll­stel­len.

Wer Hil­fe benö­tigt, muss sei­nen Wunsch 48 Stun­den vor­her beim Rei­se­ver­an­stal­ter bzw. Ree­de­rei und Ter­mi­nal­be­trei­ber anmel­den. Der Pas­sa­gier ist fer­ner dazu ver­pflich­tet, 60 Minu­ten vor der Ein­schif­fungs­zeit am Ter­mi­nal ein­zu­tref­fen. Zudem besteht die wei­te­re Ver­pflich­tung, bereits bei der Rei­se­bu­chung dar­auf hin­zu­wei­sen, dass Hil­fe­leis­tun­gen benö­tigt wer­den.

Anreise zum Schiff

Auf der Anrei­se zum Hafen und bei der Rück­rei­se kön­nen gehan­di­cap­te Pas­sa­gie­re eben­falls kos­ten­freie Unter­stüt­zung bean­spru­chen, wenn sie mit dem Flug­zeug oder der Bahn anrei­sen.

Flugzeug

Wer per Flug­zeug reist, erhält kos­ten­frei Unter­stüt­zung auf­grund der EU-Ver­ord­nung Nr. 1107/2006, die für alle Flü­ge ab einem Flug­ha­fen der EU und für Flü­ge von einem Dritt­staat (z.B. USA) in die EU mit einer EU-Air­line gilt. Eben­so wer­den Flug­hä­fen in der EU in die Pflicht genom­men und müs­sen kos­ten­lo­se Hil­fe anbie­ten.

Dem Pas­sa­gier muss dabei gehol­fen wer­den, den jewei­li­gen Abfer­ti­gungs­schal­ter zu fin­den und die Gepäck­auf­ga­be zu erle­di­gen, zum Abflug­gate zu gelan­gen, an Bord und zum Sitz im Flug­zeug zu kom­men, eben­so erhält man beim Aus­stei­gen aus dem Flie­ger Hil­fe. Der Flug­pas­sa­gier darf kos­ten­frei bis zu zwei Mobi­li­täts­hil­fen (Rol­la­tor, Roll­stuhl u.a.) mit­neh­men.

Die Flug­ge­sell­schaft darf die Mit­nah­me eines mobi­li­täts­ein­ge­schränk­ten Pas­sa­giers nur ver­wei­gern, wenn sicher­heits­re­le­van­te Grün­de vor­lie­gen. Die Mit­nah­me von Mobi­li­täts­hil­fen kann nur ver­wehrt wer­den, wenn sich nicht genü­gend Platz im Flug­zeug fin­det.

Wün­sche nach Hil­fe­leis­tun­gen müs­sen 48 Stun­den vor­her ange­mel­det wer­den. Ansprech­part­ner sind die Flug­ge­sell­schaft und der Rei­se­ver­an­stal­ter, sofern der Flug Teil des Rei­se­ver­tra­ges ist.

Bahn

Für Bahn­rei­sen­de mit Behin­de­rung bzw. Mobi­li­täts­ein­schrän­kun­gen ent­hält die EU-Ver­ord­nung Nr. 1371/2007 wich­ti­ge Vor­ga­ben.

Es muss bei­spiels­hal­ber dar­über infor­miert wer­den, wel­che Bahn­hö­fe mit Per­so­nal aus­ge­stat­tet sind, sodass Hil­fe beim Ein- und Aus­stei­gen aus dem Zug bzw. beim Umstei­gen zur Ver­fü­gung steht.

Wer beim Bahn­fah­ren Hil­fe benö­tigt, muss den Wunsch danach min­des­tens 48 Stun­den vor­her anmel­den. Ansprech­part­ner bei der Deut­schen Bahn ist die Mobi­li­täts­ser­vice-
Zen­tra­le (MSZ).

Direktkontakte zu barrierefreiem Reisen

AIDA: 0381 / 20 27 07 07, barrierefreiheit@aida.de
TUI Crui­ses: 040 / 600 01–5111, spezialservice@tuicruises.com
HL Crui­ses: 040 / 30 70 30 — 70, verkaufsteam@hl-cruises.com

Cos­ta Kreuz­fahr­ten: 040 / 570 12 13 16

MSC Crui­ses: 089 / 203 04 38 01

Deut­sche Bahn Mobi­li­täts­ser­vice: 030 / 65 21 28 88, msz@deutschebahn.com

www.einfach-teilhaben.de
Web­por­tal des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Arbeit und Sozia­les

www.bsk-ev.org
Bun­des­ver­band Selbst­hil­fe Kör­per­be­hin­der­ter e.V., Alt­kraut­hei­mer Str. 20
74238 Kraut­heim, 06294 4281–0

www.bsk-reisen.org
Toch­ter­ge­sell­schaft des Bun­des­ver­ban­des Selbst­hil­fe Kör­per­be­hin­der­ter e.V., spe­zia­li­siert auf bar­rie­re­frei­es Rei­sen für Men­schen mit und ohne Behin­de­rung

Dieser Text ist in CRUCERO 04/2022 erschienen und wurde am 14.12.2022 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.

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zum Reiserecht bei Kreuzfahrten kostenfrei unter: www.würzburger-tabelle.de

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