Die jüngste Ausgabe des ZDF-Formats „Die Insider“ hat eine Kontroverse ausgelöst. In der Sendung vom 10. Juni 2025 rückte die Redaktion unter Mitwirkung der Berliner Produktionsfirma Filmfee den Reisekonzern TUI in den Fokus. Laut DWDL wurde die Sendung von 2,25 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern in der linearen Ausstrahlung eingeschaltet. Ziel war offenbar, Missstände bei dem weltweit agierenden Unternehmen aufzudecken.
Die Methode der Recherche stößt bei TUI auf massive Kritik.
Laut Angaben des Unternehmens hat Filmfee über einen Zeitraum von fast zwei Jahren zahlreiche ehemalige Mitarbeitende kontaktiert – teils solche, die schon seit Jahren nicht mehr bei TUI tätig sind. Aus Sicht des Konzerns wurde gezielt nach besonders dramatischen Aussagen gesucht. Es habe sogar Honorare in Höhe von 800 Euro für Interviews gegeben. Viele Angesprochene hätten jedoch abgelehnt, ihre Aussagen zur Verfügung zu stellen. Letztlich kamen in der Ausstrahlung vier anonyme Personen zu Wort, deren Vorwürfe TUI entschieden zurückweist.
Zweifel an Methodik und Motivation
Der Konzern kritisiert zudem, dass eine redaktionelle Abstimmung über zentrale Themenfelder mit dem ZDF nicht zustande kam. Erste Hinweise auf die laufende Recherche habe man im Jahr 2024 erhalten. TUI habe daraufhin das Gespräch gesucht – jedoch sei eine inhaltliche Einbindung abgelehnt worden. Erst im Mai 2025 sei man um kurze Stellungnahmen gebeten worden, wobei die Fragestellungen laut TUI Zweifel an der journalistischen Sorgfalt aufwarfen. Aus Sicht des Konzerns ist die Annahme nicht unbegründet, dass es den Machern der Sendung eher um publizistische Wirkung als um eine faktenbasierte Darstellung ging.
TUI verweist in diesem Zusammenhang auf eine frühere Ausgabe der Sendung, die sich mit der Deutschen Bahn befasste und in Teilen korrigiert werden musste. Diese Erfahrung werfe grundsätzliche Fragen auf: Nach welchen journalistischen Standards arbeiten öffentlich-rechtliche Produktionen? Wird mit dem Einsatz von Beitragsgeldern hinreichend sorgfältig umgegangen? Und wie verlässlich sind anonyme Quellen, wenn ihre Aussagen nicht unabhängig überprüfbar sind?
Der Konzern betont seine langjährige Zusammenarbeit mit internationalen Medienvertretern und die eigene Bereitschaft, Einblicke in die Arbeitsweise eines global tätigen Reiseunternehmens zu gewähren. In der Zusammenarbeit mit Journalistinnen und Journalisten lege man Wert auf Transparenz und sachliche Aufklärung. Der Eindruck, die Redaktion von „Die Insider“ habe gezielt nach Skandalen gesucht, bestärke die Zweifel an den Beweggründen der Produktion.
Konkrete Vorwürfe – und die Entgegnungen des Unternehmens
In der Sendung wurden mehrere schwerwiegende Behauptungen über TUI und TUI Cruises erhoben. Der Konzern setzt diesen eine detaillierte Stellungnahme entgegen:
1. Bewertungssysteme für Hotels:
TUI nutze statt Sterne sogenannte Sonnen zur Kategorisierung von Hotels – dies sei kein Täuschungsversuch, sondern ein pragmatischer Schritt. Da es weltweit keine einheitliche Hotelklassifizierung gebe, seien unternehmenseigene Symbole notwendig. Auch andere Veranstalter nutzten vergleichbare Systeme.
2. Irreführende Reiseangebote und Verkaufspraktiken:
Die Darstellung, Angebote seien beschönigt und Reisebüros handelten ausschließlich provisionsorientiert, weist TUI zurück. Der Erfolg des Unternehmens beruhe auf wiederkehrender Kundenzufriedenheit. Aussagen und Visualisierungen in den Katalogen seien auf den tatsächlichen Daten der Unterkünfte basiert. Zudem werde aktiv zur Nutzung unabhängiger Kundenbewertungen geraten.
3. Kostenloses Reisen für Kinder:
Die Kritik, wonach kostenlose Kindermitnahme nur für bestimmte Zimmer gelte, sei unzutreffend. Die Preisgestaltung richte sich nach Raumgröße, Ausstattung und Lage – nicht nach der Belegungsart. Alle Angaben seien transparent kommuniziert, die Auswahl obliege dem Kunden.
4. Inszenierte Freundlichkeit:
Die Darstellung, Clubmitarbeitende gäben eine vorgetäuschte Freundschaft vor, widerspreche der Realität. Die Teams seien professionell geschult und gestalteten ein ganzheitliches Urlaubserlebnis. Faire Arbeitsbedingungen und geregelte Arbeitszeiten seien dabei selbstverständlich.
5. Umgang mit Lebensmittelabfällen an Bord der Mein Schiff Flotte:
Die Aussage, Essensreste würden über Bord der Mein-Schiff-Flotte entsorgt, bezeichnet TUI als irreführend. Abfälle würden differenziert gesammelt, verarbeitet und überwiegend landseitig entsorgt oder recycelt. Ein speziell entwickeltes System zur Trocknung und Verbrennung reduziere Abfallmengen. Nur in Ausnahmefällen – etwa wenn Häfen keine Annahme gewährleisten – kämen biologisch unbedenkliche Entsorgungsverfahren auf See zur Anwendung, stets unter Einhaltung internationaler Vorschriften.
6. Sonnenliegen-Knappheit bei TUI Cruises:
Die Unterstellung, Liegenmangel diene der Förderung kostenpflichtiger Entspannungsbereiche, entbehre jeder Grundlage. Die Mein-Schiff-Flotte biete zahlreiche kostenlose Rückzugsorte. Über 80 Prozent der Kabinen verfügten zudem über einen eigenen Balkon. Der Besuch von Pools und Saunen sei unentgeltlich.
Die Gesamtheit der Vorwürfe lasse Zweifel an der journalistischen Seriosität der Sendung aufkommen, heißt es seitens TUI. Es stelle sich die Frage, ob es sich bei dieser Form der Berichterstattung um einen gerechtfertigten Beitrag zur Medienvielfalt handele oder um ein Unterhaltungsformat, das auf Kosten seriöser Unternehmen arbeite.
Bereits im Jahr 2023 hatte das gleiche ZDF-Format mit einer ähnlich gelagerten Produktion über AIDA Cruises für Kritik gesorgt. Auch damals waren die Vorwürfe diffus, die Aussagen teils anonym, und das betroffene Unternehmen sah sich gezwungen, öffentlich Stellung zu beziehen.